Linolschnitt

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Friday, January 27, 2023

Die Fabel vom Wolf und dem Lamm

"Unschuldigen Gewalt antun" 

Die Rechtsfabel über die unheilvolle Verbindung von Recht, Moral und Gewalt


"Du hast nichts zu bestimmen! Ich bin ein Wolf und fress dich jetzt auf!"
Versuch eines Tiefdrucks, bei dem viele technische und künstlerische Herausforderungen gemeistert werden mussten.  Der Wolf spricht mit einem Lamm, nicht mit einem Hund

In der literarischen Gattung der Fabel stehen Tiere für Menschen und ihre sozialen Rollen, Handlungen, Eigenschaften. Seit früher Zeit mündlich überliefert, später aufgeschrieben, vermitteln Fabeln eine Lehre, genannt Fabelmoral. Fabeln veranschaulichen abstraktes Recht. Ich gebe hier die Fabel vom Wolf und dem Lamm wieder, frei übersetzt aus dem  Fabelbuch meiner Kindertage vom amerikanischen Dichter Louis Untermeyer. 


Der römische Schreiber und freigelassene Sklave  Phaedrus, der im ersten Jahrhundert lebte und ein umfangreiches Werk von Fabeln für die Nachwelt aufschrieb, zog zur Fabel vom Wolf und dem Lamm den Schluss:


"Diese Fabel ist wegen den Menschen geschrieben, die aus erfundenen Gründen Unschuldigen Gewalt antun."


Nacherzählung aus dem Buch "Aesop's Fables", Golden Press, 1965, Ausgabe von 1971, mit ausgewählten Fabeln, adaptiert und geschrieben vom amerikanischen Dichter deutsch-jüdischer Familienherkunft Louis Untermeyer (1885-1977): 


Der hungrige Wolf und das Lamm 


Ein Wolf trank Wasser von einem Fluss. Er hob seinen Kopf und erspähte ein Lamm, das in seiner Nähe am selben Fluss kleine Schlückchen schlürfte.
"Oho!", sagte sich der Wolf. "Dort ist mein Abendmahl. Mir muss nur ein Vorwand einfallen und ich bekomme zum Trank die Speise dazu."
"Du da", rief der Wolf mit rauer Stimme. "Was fällt dir ein, den Schlamm am Grund so aufzuwühlen, dass das Wasser, das ich trinke, schlammig geworden ist !"
"Das tut mir aber leid", erwiderte das Lamm. "Es kann nicht meine Schuld sein, wenn das Wasser bei dir verschmutzt ist. Siehe, ich benützte beim Trinken nur die Spitze meiner Zunge. Ausserdem bin ich unterhalb von dir am Flusslauf. Das Wasser fliesst von dir zu mir. Ich kann unmöglich das Wasser trübe machen dort wo du bist."
"Suche keinen Streit mit mir", knurrte der Wolf. "Ich weiss Bescheid, was du für Eine bist. Seit sechs Monaten ziehst du herum und sprichst schlecht über mich."
"Das kann nicht stimmen", blökte das Lamm. "Ich wurde erst vor drei Monaten geboren."
"Rede dich nicht heraus. Wenn du es nicht warst, dann war es dein Vater, der mich beleidigt und beschimpft hat. Das ist für dich genauso schlecht", fauchte der Wolf. Bevor das Lamm noch etwas sagen konnte, sprang der Wolf auf die arme Kreatur und frass sie auf.

"Eine erfundene Begründung genügt einen Gewaltmenschen, um anderen Gewalt anzutun."


Widersprüchliche Auslegungen


Eine Fabel kann auf unterschiedliche Weise interpretiert werden, einmal so, oder ins Gegenteil verkehrt, so dass zwei sich widersprechende Lehren daraus ergeben. Bei der Fabel vom Wolf und dem Lamm ist die gegenläufige Sicht:

"Der Stärkere hat immer Recht"


Die Fabel vom Wolf und dem Lamm ist eine Rechtsfabel. Der aggressive Wolf steht für  Herrenmoral. Das wollig weiche, sanftmütige Lamm ist Symbol für das Recht und bestimmt die Fabelmoral. Das Lamm argumentiert rational und logisch. Der Wolf, der Stellvertreter des Tyrannen, wird wütend, wenn er hören muss, dass er im Unrecht ist. Aus Zorn wird Gewalt. Die Auswahl der tierischen Protagonisten ist nicht zufällig und hat zu tun mit der Beziehung des Menschen zum Tier. Es fällt dem Verbrecher leichter seine Taten auszuführen und kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn er die Opfer entmenschlicht. Für den Gewalttäter existieren andere nur zur Befriedigung des eigenen Nutzens. Die Interpretation vom Recht des Stärkeren mahnt, klagt an, fordert auf, sich zu wehren gegen Terror, staatlicher Willkür, Korruption, unlautere Geschäftemacher (illicit business, racketeering), Rechtsextremismus. Das Lamm, das Recht alleine kann gegen uneinsichtige, gesetzlose Gewalttäter nichts ausrichten. Deswegen müssen demokratische Institutionen und Rechtsstaat gestärkt werden, moderne Qualitätssicherungssysteme, Compliance und Governance ausgebaut und durchgesetzt werden, was in der Lebensmittelindustrie Selbstkontrolle genannt wird.

Fabulist, Rechtsfabel und das Fabulieren von Recht


Der Fabulist ist jemand, der Fabeln aufschreibt. Von Rechtsfabel  spricht man, wenn  in einer Rechtsangelegenheit Fakten und Rechtsgrundsätze entweder gar nicht berücksichtigt werden, oder im Nachhinein zurecht gebogen, um einen vorher bestimmten Ausgang zu erwirken, etwa wenn ein Rechtsanwalt, oder die Rechtsabteilung einer Firma einen wasserfesten Vertrag aufsetzen, um Geschäftspartner über den Tisch zu ziehen. Das fabrizieren solcher Rechtstexte, bis hin zu juristisch klingendem Kauderwelsch (lawyer gibberish) ist fabulieren von Recht, wobei es weniger um den sprachlichen Ausdruck an sich geht, sondern um den Inhalt und die Konsequenz. Jargon, Amts- und Fachsprache werden allerdings auch in anderen Bereichen und Situationen gerne verwendet um böse Absicht und deren Folgen zu verschleiern. 

Die Fabel gehört zur Kulturgeschichte des europäischen, des römischen Rechts (civil law), veranschaulicht aber genauso das angelsächsiche  Gewohnheitsrecht (common law) in England, USA, Kanada, Australien und Neuseeland (siehe Merret Leiboff, 2016). In allen anderen Ländern mit freiheitlich demokratischer Gesellschafts- und Rechtsordnung, ist das Recht civil law, kodifiziert, also festgeschrieben in einem Rechtsystem, das wir Rechtsstaat nennen, in  Verfassung, im Zivil- und Obligationenrecht (Schweiz), dem Bürgerlichen Gesetzbuch BGB und dem Handelgesetzbuch in Deutschland. Das "Widersprich mir nicht" ist fabuliert. Man schaue sich das Kapitel Grundrechte in der Schweizer Bundesverfassung an.


"Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen."

Schweizer Bundesverfassung Art. 35 Abs. 1 bis

Der gegenwärtige Umgang in Politik und Recht mit dem real existierenden Wolf ist bestimmt von Rechtsfabeln. Es werden überhaupt keine Fakten aus Naturwissenschaft, Biologie, Verhalten des Raubtieres Wolf berücksichtigt.  Die Sorge um das Leid und die Angst von Tier und Mensch, dem Klima, die Erhaltung der Beweidung in den Alpen und damit den Lebensraum des Menschen, weicht dem Sozial Darwinismus, dem Survival of the Fittest

Wölfe in Echt

Bilder von heulenden Wölfen vor dem Vollmond erwecken Träume von Wildnis, Natur, Indianern und alten Hollywood Filmen, wie "Der mit dem Wolf tanzt" (1990, Regie: Kevin Costner). Eine Schweizer Stromgesellschaft blendet in ihrer Fernsehwerbung Skifahrer ein, die  durch den Pulverschnee kurven. Dann schnürt ein flauschiger, edler Wolf  durch  schneebedeckte hochalpine Ebenen. Er hat dichtes, sehr helles Fell und eine wohlgenährte Statur, so dass er nicht wirklich aussieht wie unser europäische Wolf, eher wie ein Wolf der arktischen Wildnis aus einem Naturfilm. In der Realität ist der Wolf eine blutrünstige Bestie, ein Beutegreifer, der sich vom Fleisch von anderen Tieren ernährt, die er auf brutale Art tötet. "Es war ein Gemetzel", sagte eine Hirtin zum Bild, das sich ihr bot nachdem Wölfe ihre Schafherde heimgesucht hatten. Oft hängen bei den lebenden Schafen die Därme heraus. Denn gleich, nachdem der Wolf seine Beute zu Boden gebracht hat, verspeist der Wolf die Innereien, Herz, Niere, Leber. Da es ihm um die Nahrung geht, ist es ihm egal, ob das Tier noch nicht tot ist.

Zur Natur der Raubtiere


Beim Raubtier ist der Biss zum Töten von Geburt an im Hirn eingeprägt. Welche Beutetiere gut sind, um sie zu fressen, und wie man sie jagt, müssen junge Raubtiere lernen. Das lehrt sie die Mutter, beim frei lebenden Wolf die älteren Tiere im Rudel. Macht ein Lebewesen schnelle, ruckartige Bewegungen, rennt davon, löst das beim Raubtier den Jagdtrieb und Tötungsbiss aus, ohne, dass das ungeschulte Raubtier bewusst auf sein Verhalten Einfluss nehmen kann. Deshalb muss dem Hundewelpen beigebracht werden, dass kleine Kinder keine Beute sind. Tiere nehmen andere Lebewesen in ihrer Einzigartigkeit wahr. Sie bilden nicht automatisch Kategorien, wie der Mensch. Das bedeutet, dass der junge Hundewelpe schnell weiss, dass er sich gutmütig gegenüber dem Kind der eigenen Familie verhalten muss, auch wenn es ihm am Schwanz zieht, oder zappelig herum rennt.  Was er nicht automatisch weiss ist, dass alle Kinder liebenswerte Geschöpfe sind, mit denen er behutsam umgehen muss. Deshalb ist der Kontakt zwischen kleinen Kindern und fremden Hunden immer mit einem Risiko behaftet ist. Wie man mir an der ausgewiesenen Fachstelle für Schafe und Ziegen, dem Landwirtschaftlichen Zentrum Plantahof im schweizerischen Graubünden sagte, habe das in der Nähe lebende erste Wolfsrudel der Schweiz noch nie Nutztiere gerissen. 

Raubtiere, die auf das Erlegen von anderen, grösseren Tiere angewiesen sind, sind mit besonderer Lernfähigkeit ausgestattet. Die Regelung in der Schweiz, dass ein Wolf erst geschossen werden darf, wenn er 15 Mal gerissen hat und die Schafe geschützt waren, wirkt wie ein Trainingsprogramm, wie Nutztiere zu leichter Beute gemacht werden können, und zwar die Geschützten genauso wie die Ungeschützten. Die Vorgaben in Verwaltungsvorschriften richten über den Wolf, also über die Natur, mit dem Massstab der Moral. Aber ein Mörder wird auch nicht erst verhaftet, nachdem er fünfzehn Morde begangen hat. In der realen Welt, abseits juristischer Formulierungen, ob Rechtsfabel oder nicht, gibt es die betroffenen Bauernfamilien, deren Schafe und Rinder von Wölfen gehetzt und gerissen werden. Oft wird nicht einmal der wirtschaftliche Schaden ersetzt. 200 Franken Entschädigung seien doch viel Geld für wenig Arbeit, meinte eine Person zur Schafbäuerin. Sie war nach einem Wolfsriss gekommen, um die Berechtigung für Entschädigung abzuklären, und sagte: "Sie müssen doch nur ein Stück die Wiese hinunter laufen und das tote Schaf herauf holen."

Die Fabel in Literatur, Philosophie, etwas Kulturgeschichte


Fabeln werden dem Griechen Aesop zugeschrieben, der im 7. Jahrhundert vor Christus gelebt haben soll, wobei es eher unwahrscheinlich ist, dass Aesop eine real lebende Person war. Wie Untermeyer in meinem Kinderbuch erklärt, war er zuerst Hausbediensteter, stieg dann in Regierungskreise auf und arbeitete als Diplomat. Um Staatsmänner und Gesandte fremder Mächte nicht zu beleidigen und zum diplomatischen Ziel zu kommen, soll er ihnen Geschichten, Metapher erzählt haben. Der Fabulist Phaedrus, von dem ein Zitat am Anfang dieses Textes steht, war der Sekretär des römischen Kaisers Augustinus. Zuerst hatte er den Status des Sklaven. Dann wurde er zum freien Mann erklärt, weshalb er schrieb, dass auch Aesop ein freigelassener Sklave gewesen sei. Von Phaedrus stammt der Humor in der Fabel. Für ihn war die Fabel das Mittel der Sklaven, sich gegen Willkür und Unterdrückung zu wehren. Manche glaubten sogar, die  Fabel vom Wolf und Lamm sei Aufruf zur Revolution. Phaedrus lebte zur gleichen Zeit wie Jesus von Nazareth, der zu seinen Aposteln sprach (Lukas 10:3)):


"Siehe, ich sende euch wie Lämmer mitten unter die Wölfe."


Die Fabel vom Wolf und dem Lamm ist also auch Symbol für eine immer währende Feindschaft. In der Bibel steht, dass erst nach Ankunft des Messias der Wolf bei den Lämmlein wohnen (Jessaja 11.6) werde. 

Fabeln als Kulturgut, in Literatur, Dichtung und Philosophie 


Einige der Fabeln, die in Aesops Fabelsammlungen enthalten sind,  sind älter und stammen von den Ägyptern und Babyloniern. In der Überlieferung vom Buddha Siddhartha Gautama beschuldigt ein Panther eine höfliche Ziege, dass sie ihr auf den Schwanz getreten zu sei, bevor er sie auffrisst. Seit etwa dem Mittelalter erzählten Dichter und Denker bis heute die Fabel nach, verwendeten sie zur Veranschaulichung der intellektuellen Diskurse, sozialen und politischen Verhältnisse ihrer Lebzeiten. In Zeiten, als kaum jemand lesen und schreiben konnte, wurden Fabeln mündlich erzählt, später aufgeschrieben, um den Zuhörern und Lesern klar zu machen, dass Recht und Gesetz gebraucht und eingehalten werden müssen, damit Menschen zusammen leben, lebensnotwendige Güter und Wohlergehen erwirtschaften können.

Der Rechtsanwalt Jean LaFontaine (1621-1685) beschrieb mit der Fabel vom Wolf und dem Lamm die Zustände vor der französischen Revolution auf der Ebene der lokalen Gerichtsbarkeit. Gerichtsherren und Landbesitzer erfanden willkürlich Gesetze zu ihrem eigenen Vorteil, zur Erhaltung und Ausweitung ihrer Macht, ihrem Besitz. Sie machten den ungebildeten und armen Landarbeiter weis, dass nur die Obrigkeit bestimmte, was rechtens sei, dass Macht und Recht das Gleiche seien und jagten so Pächter und Kleinbauern von ihren Äckern. Der schottische Dichter Robert Henryson reimte von Wölfen in Gestalt von unehrlichen Anwälten und Landeignern, die ihren Besitz vergrössern wollten. Henryson prangerte in seinem Gedicht auch den vollständigen Verfall der Gesellschaft an. Der algerisch-französische Philosoph Jacques Derrida (1930-2004) veröffentlichte zwei Bände mit Vorlesungen "Das Biest und der Soverän" über die unheilvolle Verbindung von politischer Macht, Recht und Moral. Derrida war von der Generation der Kriegskinder. Auch meine Eltern verbrachten ihre Kindheit in der Zeit des nationalsozialistischen Terrorregimes und dem Zweiten Weltkrieg. Sie gaben mir mein Fabelbuch als Bestandteil meiner Erziehung. Derrida war aus einer jüdisch-sephardischen Familie in Algerien und wurde als jüdisches Kind von der Schule geschasst, unter der Regierung Vichy, die mit Nazi-Deutschland verbündet war. 
 

Kinderbücher und Erziehung  Demokratie


Mein Kinderfabelbuch habe ich bekommen von einer Freundin meiner Eltern, die in Los Angeles die Bookbridge aufgebaut hat, die amerikanische Dependance der Kinderbuchbrücke, der internationalen Jugendbibliothek, die gleich nach dem Zweiten Weltkrieg in München gegründet wurde von der Journalistin Jella Lepman (geb. 1891 in Stuttgart- gest. 1970 in Zürich). Sie wollte den Kindern und Jugendlichen mit Büchern aus aller Welt eine Perspektive geben. Banden von Kindern ohne Eltern hausten nach Einmarsch der Alliierten Siegermächte in grausiger Verwahrlosung in den Ruinen zerbombter deutscher Städte, erbettelten von amerikanischen Soldaten Geschenke, um diese dann auf dem Schwarzmarkt zu verhökern. Bücher aus aller Welt sollten den Kindern, die mit Nazipropaganda, Kriegshetze und Judenhass aufgewachsen waren, andere Kulturen, Traditionen und bessere Weltbilder geben, sie heilen von der Ideologie der Ausgrenzung und Vernichtung.

Wirtschaftliche Ausgrenzung in der Nazi-Zeit gingen dem Holocaust voraus


Nach Hitlers Machtergreifung 1933 verlor die alleinerziehende, verwittwete Journalistin für Frauenthemen wegen ihrer jüdischen Herkunft die feste Stelle bei einer Tageszeitung. Eine Zeitlang konnte Lepman noch als Freie weiter arbeiten. Eingangs ihres 2020 neuaufgelegten Buches Die Kinderbuchbrücke schildert sie, wie sie bei der Verschickung eines jüdischen Kinds nach England half, und ihm erklären musste, weshalb es Eltern und behütetes Zuhause alleine verlassen musste. Seine Eltern wussten, dass sie ihr Kind nie wieder sehen würden. 1935, als Lepmans Tageszeitung ihr keine Aufträge mehr geben konnte,  emigrierte sie mit ihren Kindern nach London. 

Nach dem Sieg über Nazi-Deutschland steckte die amerikanische Armeeführung die deutsche Journalistin für Frauenthemen in England in eine Uniform der amerikanischen Armee, setzte sie in ein Militärflugzeug nach Deutschland, mit dem Auftrag, die Umerziehung der Deutschen zu starten. Da dachte sie zuerst an das Kind, das gerettet wurde, aber alles verlor. Es war klar, dass der Antisemitismus und die Nazi-Ideologie in Deutschland nicht einfach so aus den Köpfen der Deutschen verschwinden würden. Manche sagten es brauche eine Generation, andere zwei, bis durch Umerziehung und Aussterben der überzeugten Nazis Deutschland ein Land werde mit Menschen, die die Werthaltung der Demokratie und des deutschen Grundgesetzes zu eigen gemacht haben würden. 

Denkt an die Kinder


An einem Nachmittag im vergangenen Herbst war eine befreundete Familie auf meinem Hof um Nüsse aufzulesen. Als es zu dämmern begann, flehte das jüngste Kind ihre Mutter an, dass sie sich auf den Heimweg zu machen sollten. Die Mutter und ihre Kinder hatten einen kurzen Weg zu Fuss zu gehen entlang eines breiten Weges, an dessen eine Seite Wald angrenzt. Die Mutter erklärte mir, dass das Kind Angst habe vor einem Wolf. Bei einer befreundeten Bauernfamilie war nach einem Wolfsriss der Tierarzt geholt worden, um die überlebenden, aber verletzten Schafe zu behandeln. Der Tierarzt musste alle einschläfern. Man hört dann auch oft, dass ja nur ein paar Wenige seien, die noch in der Berglandwirtschaft tätig seien. Die Fabel vom Wolf und dem Lamm ist auch die Geschichte von der Unterdrückung der Minderheit durch die Mehrheit, und von der Souveränität, also der Eigenständigkeit kleiner Staaten und dem Recht für sich selbst zu entscheiden.





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